Nachrichtenbeitrag

„Ein erwachtes Leben liebt!“

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Von NNA-Korrespondentin Edith Willer-Kurtz

Rund 1200 Besucher kamen zum Heiligenfeld-Kongress nach Bad Kissingen. Es ging um Liebe als grundlegendes Prinzip des Lebens, das alles verbindet.

BAD KISSINGEN (NNA) – Rund 1.200 Menschen kamen zum Kongress „Liebe“ in Bad Kissingen, den die Akademie Heiligenfeld veranstaltet hat. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, Bildung inmitten des Lebens zu vermitteln.

Etwa 70 Referenten und Workshopleiter boten ihr Wissen in Parallelvorträgen und -workshops an. Das Kongresspublikum war gemischt: Ärzte, Psychologen, Therapeuten und Studenten, die sich beruflich fortbildeten und viele Menschen mit privater Motivation.

Liebe wurde aus verschiedensten Perspektiven angesprochen, in unterschiedlichen Kulturen, Religionen oder Zeitepochen zum Beispiel. Am häufigsten war das Wort Liebe mit dem Wort Herz zu hören.

Einleitend erfuhren die Zuhörer, wie Wikipedia Liebe klassifiziert: als Eros, die sinnlich-erotische Liebe, als Philia, die Freundschaftsliebe und als Agápe, die selbstlose und fördernde Liebe. Und auch hinsichtlich der Liebesobjekte wurde differenziert in Selbstliebe, Partnerliebe, Familiäre Liebe, Nächstenliebe, Objekt und Ideenliebe, Gottesliebe und „Objektlose Liebe“.

Schon im Anfangsreferat von Dr. Joachim Galuska, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung und Gründer der Heiligenfeld Kliniken ging die Argumentation in Richtung der allumfassenden „weisen Liebe“, wie er sie nannte – sei doch Liebe mit ihrem universellen Charakter als „grundlegendes Prinzip des Lebens“ zu sehen. Mit dem Bewusstsein, das sich mit Fragen des Menschseins beschäftigt, beginne man zu spüren, wie verbunden man sei mit allem Leben.

Liebe sei eine Qualität, die sich entwickelt. Auch die Fehlentwicklungen der Liebe sprach er an wie Narzismus, Manipulation, Romantisierung, Illusion, Idealisierung und Moralisierung.

Weg des Bewusstseins

Den Weg des Bewusstseins beschrieb Galuska wie folgt so: Das Ichbewusstsein, die Identität sei dadurch gekennzeichnet, dass wir ein Konzept von uns selbst haben. Wenn wir dann Abstand nehmen und anschauen, was ist, so sei dies das Bewusstsein des Erwachens. Der Mensch als Bewusstseinsraum bilde transpersonales Bewusstsein, Galuska nannte es Seelenbewusstsein, und entwickele sich weiter zum Einswerden des Erlebens, einem kosmischen Bewusstsein. Wenn man das Leben in seiner Unmittelbarkeit spüre und gestalte mit der Fähigkeit des Vergegenwärtigens, so könne man Liebe in der Unmittelbarkeit spüren, pur, rein und unschuldig, frei von Moral, Konzepten, Vorstellungen und Bedingungen.

Vor diesem Hintergrund riet er: wenn einem Gravierendes passiere, so könne man dabei aufwachen, erkennen im größeren Raum. Durch die Dekonstruktion erkenne man in Relation, dass das Leben viel größer ist, sehe andere Perspektiven, andere Situationen. Man soll dann nicht gleich wieder konstruieren, schauen, was das Leben zeigt, sei die bessere Haltung, die Offenheit erfordert. Mit dem weisen Lieben, der errungenen Weisheit als Frucht des Bewusstseins, gelange man zur tieferen Art des Verständnisses. Demut gehöre dazu, auch Geduld, aber auch handeln und sich zuwenden. Verantwortlich im freiwilligen Verbundensein so ließ sich die weise Liebe kennzeichnen.

Liebevolle Musik

„Alle Beziehungen, auch die der Töne in der Musik, sind verschiedene Grade von Liebe“

Der Musiker Markus Stockhausen verstand es, gemeinsam mit Tara Bouman mit Melodien und Tönen, oft zusammen mit der ganzen Teilnehmerschar, diese These in Erscheinung und zum Klingen zu bringen. Denn Liebe, so führte er aus, kann sich auf allen Ebenen manifestieren. „Liebe in der sehr reinen und schönen Form vermag die Seele zum Schwingen zu bringen“,

Dr. Rolf Verres, Facharzt der psychotherapeutischen Medizin und ebenfalls Musiker, machte klar, dass liebevolle Musik mit ihrem therapeutischen Erleben auch die Sehnsucht nach einer harmonischen Welt wecken kann, die Sprache der Musik könne genutzt werden, um die Kommunikation zu verfeinern und bereichern. Harmonie spiele bei der Liebe eine bedeutende Rolle.

„Liebe als Macht“ war das Thema von Pater Amseln Grün, seit 1964 Mönch in der Abtei Münsterschwarzbach, Theologe, Ökonom und geistiger Leiter des RecollectioHauses.

Der Referent – Autor von etwas 300 Büchern zum Thema Spiritualität – wies drauf hin, dass Liebe in der christlichen Mystik immer präsent ist. Im Johannesevangelium heißt es „Gott ist von seinem Wesen her Liebe“. Er ergänzte „Wir sind Liebe“, diese bedeute Einssein mit allem und in Berührung kommen mit unserer inneren Quelle der Liebe. Bei allem Gegensätzlichen dürfe man nicht eines ausgrenzen, denn Liebe verbinde die Gegensätze.

Wobei die Liebe den Einzelnen nicht auflösen dürfe, der Mensch solle er Selbst bleiben.

Pater Anselm Grün vertrat die These, dass es diejenigen Lebewesen sind, die Beziehung schaffen, die überleben, nicht die stärksten, das zeige sich auch in der Natur. In der Religion sei die Liebe die Grundlage, dies gelte für alle Religionen. Liebe sei die Kraft zu verbinden und dort, wo Verbindung ist, entstehe Kreativität, da seien Menschen gerne beisammen. Grün drückte das auch so aus: „Liebe heißt, die Wahrheit zu umarmen, dann sind wir heil und ganz. Verletzungen treffen immer noch, aber sie können nicht in die Tiefe eindringen, wenn wir ursprünglich und authentisch sind“.

Liebe die bindet

Von „Liebe und Bindung in der Familientherapie“, wie sie in der Heiligenfeld Klinik Waldmünchen praktiziert wird, berichtete Dr. Ulrike Weiß als dortige Chefärztin. Ihr Beispiel einer Familie bestand aus Vater und Mutter mit einem vier- und einem siebenjährigen Kind. Sie beschrieb Wutausbrüche, Depression, Rückzug und Aggression. Der Therapieerfolg liege darin, dass die Probleme aufgelöst werden, dass Eltern den Kindern ein gutes Gegenüber sein können. Nach einem Familienburnout könnten sich Bindungsmuster zum Besseren wandeln durch positive Einflüsse individueller und gemeinsamer Therapieangebote. Als Neuorientierung nennt Weiß Konfliktbewältigung durch Selbstwirksamkeit und das Setzen von Grenzen, was zu einer resilienten und liebevolleren Beziehung geführt habe.

Prof. Franz Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth-Stiftung, in München sprach über „Caring und Sharing- wie die Liebe in die Wirtschaft kommt“. Das Fachgebiet des Autors ist Umweltethik, er ist als Unternehmens- und Politikberater tätig. Liebe komme ihm entgegen von Tierschützern und Verbrauchsschützern. Sie entstehe durch stetes Arbeiten ohne Vorwurf, stetes Einladen.

Ein Herausnehmen der Angst und Wut helfe und führe zu Veränderungen. Liebe binde Kunden und Mitarbeiter, sie schaffe eine andere Kultur. Bei größeren Firmen zeige sich dies im bei gutem Nachhaltigkeitsmanagement. Liebe gebe es vielseitig in den Branchen, sie sei da neben Fürsorge und Vorsorge und führe zur Entwicklung von Für- und Miteinander. Das entstehende Vertrauen beziehe sich dann auf das Handeln. Sharing, der neue Wirtschaftsstil breite sich aus in unterschiedlichen Branchen. Die Sharing Economy sei mit der Hoffnung verbunden, bestehende Kapazitäten besser auszulasten und entsprechend ressourcenschonend zu wirken.

Angst und Tugend

„Leben und Führen aus der Kraft der Liebe“ erläuterte Barbara Fromm, Geschäftsführerin des Coaching-Unternehmens Fromm und Fromm, um Liebe in der Businesswelt salonfähig zu machen. Einen Gradmesser der eigenen Erfahrung bilde die Frage: „Handle ich aus Liebe oder aus Angst?“ Angst beziehe sich immer auf die Zukunft, an Gedanken, die in aller Regel mit Mangel zu tun haben.

Angst zeige sich auch verkleidet als Ärger, als leichter Groll oder Zweifel. Auch wenn man nicht mit allem einverstanden ist, könne man es nehmen, wie es ist mit der Einstellung: “das ist jetzt so“, denn das sei für den Moment sinnvoll. Wenn mit der Kraft der Liebe geführt werde, sei man furchtlos, man könne ja sagen zu dem, was ist ohne zu verurteilen. Gute Führung verlange Wertschätzung der Person, Ziel findend sei zu denken: Jedes Verhalten könne Ausdruck von Liebe sein oder Ruf nach Liebe.

Dr. Christina Kessler widmete sich den Herzensqualitäten, früher Tugenden genannt.

Die Wissenschaftlerin mit den Fachgebieten Ethnologie, Soziologie, Religionswissenschaften und Transpersonale Psychologie erläuterte, dass diese als Facetten der Liebe Eigenschaften sind, die uns befähigen, uns selbst und die Anderen anzunehmen, aus Konflikten zu lernen und Schwächen zu transformieren.

Sie berichtete von ihrer Feldforschung bei Seenomaden, die sie im asiatischen Raum seit zwölf Jahren jährlich besucht und stellte ihnen die westliche Zivilisation gegenüber. Die Ureinwohner erkennen in der Beobachtung. In der westlichen Zivilisation sei der freie Wille durch Konzepte, aber auch durch Begehren und Ignoranz „verkrustet.“ Bildhaft erklärte sie die Unterschiede, wenn sich das Bewusstsein wie im Zoom scharf stelle und das einzelne wahrnehme oder eben aus größerer Entfernung viel mehr wahrzunehmen sei, so dass Zusammenhänge der Dinge erkannt werden könnten.

Auf das Herz hören

Frage man„ was will das Leben von mir“ erst dann „was will ich“, höre man dabei auf das Herz, so ordnen sich die Dinge von selbst. Herzqualitäten seien Tore nach innen. Jedes Tor eröffne einen neuen Raum, der wieder ein neues Tor zum Nächsten habe. Erlebt werde bei der Haltung der Demut, dass da eine größere Intelligenz ist, diese brauche den Menschen sogar und dabei erschließe sich das ganze Spektrum des Bewusstseins. Unser eigenes persönliches Potenzial sei, weil es fokussiert sei, so zu erfahren, prophezeite Kessler. Der Herzquotient diene und sorge dafür, dass alles in Beziehung treten kann, so kann Ganzheit entstehen.

Kessler berichtete so anschaulich, wie sich schon viele Beispiele einer solchen bewussten Haltung zeigen, dass der Zuhörer motiviert wurde, an diesem Prozess mitzuwirken. Im Anschluss an ihren Vortrag bot sie einen Workshop an mit dem bezeichnenden Titel: „Lieben heißt: Das Leben feiern“.

In den schmuckvollen Sälen des Bad Kissinger Regentenbaus wurden die Teilnehmer beschenkt mit Erkenntnissen, Einsichten und Aussichten zum Thema Liebe – durch sie bereichert können sie als Multiplikatoren zurückgehen an ihre Lebensorte. Der nächste Heiligenfelder Kongress steht schon fest von Thema und Termin her „Kairos – Den Wandel gestalten“ vom 7.-10. 6. 2018. Viele Gäste trugen sich bereits jetzt in die Anmeldeliste ein.

END/nna/wil

Bericht-Nr.: 170601-01DE Datum: 1. Juni 2017

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