Nachrichtenbeitrag

„Meditation ist kein Allheilmittel“

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Von NNA Mitarbeiter

Eine internationale Studie hat belegt, dass jeder vierte auch negative Erfahrungen bei der Meditation macht. Dies deute darauf hin, dass Meditation nicht oberflächlich gefasst werden dürfe. Mehr Forschung sei nötig.

WITTEN/HERDECKE (NNA) – Wer regelmäßig meditiert, macht damit nicht nur positive Erfahrungen. Das haben Forscherinnen und Forscher der Universität Witten/Herdecke (UW/H), des University College London und der University of Ljubljana in einer internationalen Online-Umfrage mit 1.230 Teilnehmerinnen und Teilnehmern herausgefunden.

Mehr als ein Viertel der Menschen, die regelmäßig meditieren, berichten demnach von unangenehmen Erfahrungen bei Meditationsübungen. Die Studie wurde in der internationalen Online-Zeitschrift PLOS ONE veröffentlicht.

Bei den Meditationstechniken haben die Forscher zwischen konstruktivem und dekonstruktivem Vorgehen unterschieden. Konstruktive Techniken sind als „aufbauend“ zu verstehen, dekonstruktive Techniken wie Vipassana oder Koan als „zerlegend und analytisch“. Die Probandinnen und Probanden gaben an, sowohl bei den konstruktiven als auch bei den dekonstruktiven Techniken Angstgefühle, Sorgen, verzerrte Emotionen und Gedanken sowie eine veränderte Eigen- oder Fremdwahrnehmung erlebt zu haben.

„Diese Studie deutet darauf hin, dass wir Meditation nicht oberflächlich fassen dürfen. Es ist kein Allheilmittel, das nur zu angenehmen Erfahrungen und Entspannung führt“, betont Dr. Terje Sparby, Philosoph und Forscher am Lehrstuhl für die Grundlagen der Psychologie und im Integrierten Begleitstudium Anthroposophische Psychologie (IBAP) der UW/H.

Weitere Forschung nötig

Andererseits dürften auch keine voreiligen Schlüsse aus den Befunden gezogen werden. „Wir wissen sehr wenig darüber, unter welchen Umständen Meditation unangenehm werden kann und welche Bedeutung das hat“. Mehr Forschung sei nötig, um die Wirkungsweisen von Meditation und vor allem von unterschiedlichen Meditationstechniken besser zu verstehen.

Vielfältige Ansätze für Folgestudien böten vor allem Einzelergebnisse, die interessante Ausprägungen aufzeigten. So hatten Probandinnen und Probanden, die nur dekonstruktive Meditationstechniken anwenden (29,2 %) oder schon an einem Retreat (spirituelle Ruhephase) teilgenommen haben (29 %) eher unangenehme Erfahrungen.

Ebenso gibt es Unterschiede bei Geschlechtern und hinsichtlich der Religiosität: Männer berichteten häufiger von unangenehmen Erfahrungen (28,5 %) als Frauen (23 %). Gläubige Menschen (30,6 %) hatten durchschnittlich weniger unangenehme Erlebnisse als nicht-religiöse Menschen (22 %). Rückschlüsse können die Forscherinnen und Forscher daraus nicht ziehen.

„Längsschnittstudien können uns helfen, die Zusammenhänge zum Beispiel zwischen Persönlichkeitsmerkmalen, unangenehmen Erfahrungen und positiven Wirkungen der Meditation besser zu verstehen“, erläutert Terje Sparby. Dabei ginge es nicht darum, gegen Meditation zu argumentieren, sondern aufzuklären: Diese Art von Forschung könnte dazu führen, dass klinische Richtlinien, Kurse und Handbücher für die Meditationslehre entwickelt werden.

„Genau wie bei einem Medikament könnte es beim Meditieren auf das richtige Mittel, die richtige Dosis und die richtige Anwendung ankommen – all das kann von Mensch zu Mensch ganz individuell ausfallen“, so Sparby.

Langfristige Entwicklungsprozesse

Zusätzlich zu seiner Arbeit im internationalen Forschungsprojekt hat Sparby unangenehme Erfahrungen beim Meditieren in einer eigenen Fallstudie untersucht. Darin beschreibt er seine Erfahrungen mit negativen Auswirkungen von Meditation über einen Zeitraum von 15 Jahren hinweg und wie es ihm gelang, Unruhe, Panik oder gar Atemnot zu überwinden und in positive Meditationserlebnisse umzuwandeln.

Sparby argumentiert, dass es wichtig sei, Meditationseffekte in langfristigen Entwicklungsprozessen zu untersuchen. Die Studie soll noch im Sommer 2019 in der Fachzeitschrift Mind and Matter veröffentlicht werden.

END/nna/nh

Veröffentlichungen:
Schlosser, M., Sparby, T., Vörös, S., Jones, R., Marchant, N. L.: Unpleasant meditation-related experiences in regular meditators: Prevalance, predictors and conceptual considerations, in: PLOS ONE, https://doi.org/10.1371/journal.pone.0216643, 9. Mai 2019.

Sparby, Terje: Fear, Bliss and Breathing Changes during Meditation: A Case Study of a Transformative Experience, in: Mind and Matter, Veröffentlichung voraussichtlich 2019.

 Bericht-Nr.: 190808-02DE Datum: 8. August 2019

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Meditation ist kein Allerheilmittel, meinen Forscher. Genau wie bei einem Medikament könnte es beim Meditieren auf das richtige Mittel, die richtige Dosis und die richtige Anwendung ankommen.<br>Foto: Celia Ong / Shutterstock.com