Nachrichtenbeitrag

Wirtschaft neu denken

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Von NNA-Korrespondentin Edith Willer-Kurtz

ALFTER (NNA) - In der Zeit der Finanzkrisen in Südeuropa und der Occupy Bewegung auf den Straßen stellt sich die Frage, wie Wirtschaft mit Sinn neu gestaltet werden kann. „Wirtschaften neu denken wollen - Die sozialorganische Perspektive“ hieß von daher im September das Thema der diesjährigen Jahrestagung des Instituts für Sozialorganik an der Alanus Hochschule in Alfter. Sie sollte Impulse dafür liefern, wie Wirtschaft auch auf betrieblicher Ebene nachhaltig verändert werden kann.

 

Prof. Götz E. Rehn, Gründer und Geschäftsführer von Alnatura sowie Leiter des Instituts für Sozialorganik an der Alanus Hochschule und Prof. Götz W. Werner, Gründer und Aufsichtsrat von dm-Drogeriemarkt referierten vor rund 150 Unternehmern und Studierenden der Alanus Hochschule.

Rehn präsentierte die Idee des „situativen“ Führens. Das heutige Miteinander der Menschen sei dadurch gekennzeichnet, dass man miteinander für andere tätig und jeder auf andere angewiesen sei und mit ihnen in Verbindung stehe. Hierfür ergebe sich die Notwendigkeit, Seelenkräfte zu wandeln. Zum Wahrnehmen und Erkennen sei dies vorausgesetzt. Beobachten solle man, wie man zum Bewusstsein komme, wahrzunehmen das, was außen vor sich gehe. Setzte man sich intensiv damit auseinander, komme man zum Begriff.

Die Einstellung, dass der „Mensch ein Wirklichkeitsschöpfer“ sei, nicht nur eine physische, sondern eine geistige Präsenz, sei wichtig, so Rehn. Hinzu komme die Erkenntniserfahrung, dass die Menschen radikal verschieden seien. Die Unterschiedlichkeiten könnten in einem bestimmten Rahmen entwickelt werden, für die Fähigkeitsentwicklung könne man selbst etwas tun. Denke man an Reinkarnation und Karma, dann mache das Leben Sinn als Weg der Individualisierung. Mit den Gefühlen wahrnehmen, spüren und fühlen führe zu einem Lernprozess, man lerne „in die Welt zu schenken“. So entstünden Leistungen, die ein menschliches Antlitz hätten. Erst an dieser Stelle sei man Mensch.

Bei der Mitarbeiterführung zum Beispiel bedürfe es eines Gespürs: Wie kann man dem andern helfen, wie einen richtigen Rahmen für ihn erschaffen. Dabei sei der Einzelne immer im Sinne des Ganzen zu sehen.

Es läge jetzt an uns Menschen die Zukunft zu gestalten, betonte Rehn. Sowie wir den Sinn erkannt hätten, gelte: Man kann es nur selbst tun. Bei dem Freiheitsgrad, der in unseren Breiten enorm sei, müsse es in jedem Einzelnen bewusst sein, dass der Mensch Gestalter seiner geistigen Freiheit sei. Wenn es gelänge, auf das zu schauen, was sich bei dem Menschen zeige, um es zu veredeln, führe das zu einer Gemeinschaft mit freien Individualitäten. Um dahin zu kommen sei auch Selbstführung nötig. Ein Tip zum Ganzen gab er in die Menge: „Viel positiver denken über die anderen“ sei ein guter Ansatz, denn unser Denken gestalte Zukunft.

Die Natur warte auf uns Menschen, wir seien jetzt gefordert, nachdem wir sie traktiert hätten, das Wesen der Erden zu befreien, schloss Rehn seine Ausführungen.

Prof. Götz W. Werner, Gründer, 35 Jahre Geschäftsführer und heute Aufsichtsrat von dm-drogeriemarkt, sprach über „Inspirationsquellen für eine „LebensUnternehmerschaft“. Mit Zutrauen kämen wir auf die Welt. Später stelle sich das Problem von Freizeit und Arbeits-zeit. Diese Einteilung sei zu streichen: „Lebens-zeit“ müsse es heute heißen.

Lebenszeit nehme man in Anspruch und Lebens-zeit gebe man. Aus dem Entdeckergeist heraus wolle man die Welt besser verstehen. Dazu könne man auch dem Gedanken von Reinkarnation und Karma nachgehen. So gesehen kämen wir auf die Welt um „soziale Kunst“ zu entwickeln. Dabei sind wir mit Bewusstsein für andere tätig und andere für uns.

Als Unternehmer sei man erfolgreich, wenn man den Leistungserbringer und den Kunden am besten verstünde. Dabei müsse man nicht nur „wie“ fragen, sondern „warum und wozu“ machen wir etwas. Dies kennzeichne eine langfristige Zusammenarbeit.

So komme man auch auf die Sinnfrage, denn man wolle sich schließlich mit der eigenen Tätigkeit identifizieren. Ein weitreichender Hinweis ging an die Teilnehmer: „In jeden Menschen ist die Möglichkeit, dass er den rechten Weg erkennt“. So könne man Vergangenheit korrigieren und Zukunftsfolgen verantworten. Dieses neue Pardigma führe in eine Gemeinschaft und bekomme so Substanz.

Werners Formulierung, es möge eine „Bitteschön-Dankeschön Gesellschaft“ geben, zeigte an, dass dann die Wertschätzung ganz oben stünde. Und: „Jeder sei da, wo er tätig sei, der Beste.“ Dabei gäbe es schon Hierarchien, eben Fähigkeitshierarchien.

Als Unternehmer müsse man immer auch auf den Menschen schauen. Erfolg resümiere aus „Aktion und Reflektion“. Wechselseitiges Vertrauen veredele den Menschen, ermutigte Werner.

Helge Löbler, Professor für BWL und Marketing an der Universität Leipzig mit dem Forschungsschwerpunkt Sozialkonstruktionismus schilderte lebendig aus seiner Biographie. Er zeigte an Unterrichtsbeispielen auf, was Koexistenz für ihn bedeute, nicht nur menschliche Koexistenz, sondern auch die mit der Natur. Ausgehend vom Stoffwechsel erklärte er den Transfer, der in der Wirtschaft einen so hohen Stellenwert habe und wies auf die nötige Transformation hin. Kein Transfer ohne Transformation und umgekehrt, das sei zu beachten. So gesehen sollte Führung Folgen ermöglichen und erleichtern, sie sei getragen durch innere Gedanken, Energie und Präsenz. Educare heiße: Herausfördern was ist, übersetzte Löbler.

Leistung nach Löbler sei nicht als Arbeit durch Zeit zu rechnen, sondern Arbeit mal Zeit. Das Paradoxe der Arbeitsteilung sei, dass man oft nicht einschätzen könne, ob die Arbeit gut sei wie z.B. die eines Arztes, Rechtsanwalts oder Handelbetreibenden und deshalb mit „wenig“ zufrieden sei. Daraus ergäbe sich eben auch: Für diejenigen Spezialisten, die von anderen nicht mehr gewürdigt werden könnten, gäbe es keine Anreize mehr, Spitzenleistungen zu erbringen. Löblers Weg in die Zukunft ist eine „Verständnisgesellschaft“.

In den Workshops verdichteten sich einzelne „Denkschritte“, einzelne Fragen kamen hinzu. Bei den Workshops war bemerkenswert, mit wieviel Verständnis die Studierenden auf die Problemdarstellungen der Unternehmer antworteten.

Am Ende der Tagung könnte der Aufruf stehen, wie er in einem Referat geäußert worden war: „Erfolg ist ein Ergebnis, nicht das Ziel!“

END/nna/wil

www.alanus.edu/sozialorganik

Bericht-Nr.: 121010-03DE Datum: 10. Oktober 2012

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